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Lustige Anekdoten ohne Namensnennung:

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Eigentlich könnte man ein Buch über die Galerie und den Kunsthandel Pohlhammer schreiben, aber so manches wäre den jeweiligen Künstlerinnen und Künstlern wohl unangenehm, darum erzählen wir hier nur ein paar Highlights, ohne Namen zu nennen:

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- Vernissagen ohne den Hauptakteur: einer unserer Künstler verschwand regelmäßig vor seinen eigenen Vernissagen und konnte nur durch gutes Zureden überredet werden, an seinen eigenen Eröffnungen teil zu nehmen. Das passierte regelmäßig, aber bald wussten wir, wohin er verschwunden war, und irgendwann fügte er sich schließlich der Notwendigkeit, bei seinen Vernissagen auch anwesend zu sein.

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- Messen mit Künstler*innen: ein Tipp für Neugaleristen: nehmen sie niemals Künstler mit auf eine Messe! Sie fragen sich jetzt vielleicht: warum nicht? Ganz einfach: es entbrennt sogleich ein Kampf um die besten Präsentationsflächen und auch sonst kompliziert ein Künstler vor Ort die Abläufe erheblich und sie sind grundsätzlich im Weg. Das wussten wir anfangs aber leider nicht und so kam es, dass während der ersten Messe für Ostkunst in Hamburg ein Künstler (von stattlichen 2 Metern Länge) in dem sehr kleinen Abstellkammerl des Messestandes einschlief und erst am Folgetag wieder aufwachte. In der Nacht davor hatte eine recht ausgelassene Party stattgefunden, davor war so ziemlich alles schief gelaufen und auch die Organisation der Messe war verbesserungswürdig, die Erleichterung, das alles bewältigt zu haben, führte zu einem wilden Saufgelage. Einige Künstler*innen, wurden im allgemeinen Chaos um ihr Geld erleichtert, einem wurden die Reifen vom Auto gestohlen, wohlgemerkt während er darin schlief. Auf den Eröffnungstag der Messe fiel auch Ruths Geburtstag, der als Vorwand für die äußerst lustige und feuchtfröhliche Party herhalten musste.

Bei einer anderen Messe kam es im Streit um die beste Wand zu Handgreiflichkeiten zwischen den Künstlern -Verletzte gab's wie durch ein Wunder keine!

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- Scheiße vor der Haustür, ...: Ein offenbar sehr provozierender Künstler veranlasste einen anonymen Bewunderer, sich vor der privaten Haustüre von Familie Pohlhammer zu entleeren.

Während einer anderen Ausstellung attackierte ein uns wohl bekannter Besucher, während Frieda anwesend war, ein Kunstwerk und zerschmetterte es. Eigenartigerweise war dies, zumindest aus Sicht der Familie Pohlhammer, kein Akt großer Provokation.

Verbalen Attacken war die Familie öfters ausgesetzt, was uns aber nur darin bestärkte, dass wir auf dem richtigen Weg waren.

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- Preisverleihungen: Ein Künstler der Galerie, der praktisch ein Familienmitglied war, wurde trotz seines sehr aggressiven Verhaltens oft mit Preisen bedacht. Bei seiner ersten Preisverleihung im Alter von 16 Jahren, ohrfeigte er seinen Laudator. Bei einem der wahrscheinlich wichtigsten Preise, die weltweit an Künstler*innen vergeben werden, lehnte derselbe Künstler die Annahme des Preises lautstark ab, weil er die Jury für ungeeignet erachtete. Dazwischen ohrfeigte er auch andere Juroren und Laudatoren. Warum die Preisverleiher diese Eklats immer wieder vergaßen, entzieht sich unserer Kenntnis.

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- Eine Abkürzung im Winter: Einer unserer Künstler fuhr einmal mit uns nach Turin, auf dem Rückweg wollte er eine Abkürzung zu seiner nächsten Station Chur nehmen. Er bestand darauf, auf der Höhe von Bozen aus dem Auto auszusteigen, um zu Fuß und diretissima über die tief verschneiten Alpen, mitten in einem bitterkalten Winter, nach Chur zu gehen. Es brauchte viel Überredungskunst und Geduld, um ihn von diesem Vorhaben abzubringen und so konnten wir ihn schließlich wohlbehalten am Bahnhof von Innsbruck absetzten, von wo aus er seine Reise nach Chur fortsetzte.

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- Während einer Biennale fast tätowiert: natürlich besuchten wir auch immer wieder die Biennale von Venedig. Und besonders gerne, wenn auch ein paar "unserer" Künstler*innen dort ausstellten.

Zwei der gewitzteren Künstler waren in den Giardini mit einem Tattooprojekt vertreten und sie hatten sich vorgenommen, Bernhard zu tätowieren. Zum Glück war Bernhard schneller und entwischte ihnen.

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- Gefängnisbesuch: Der wohl bedeutendste Sammler und Mäzen des Wiener Aktionismus besuchte uns zu Hause und wir beschlossen, einen inhaftierten Künstler in seiner Zelle in einem österreichischen Gefängnis zu besuchen. Der Mäzen, Frieda, Heinz und Bernhard machten sich auf den Weg. Als sie im Gefängnis ankamen, machte der Sammler darauf aufmerksam, dass das große Gefängnistor offen stehe. Bernhard steuerte das Auto daraufhin durch das Tor und umgehend war der Wagen von Vollzugsbeamten mit Waffen im Anschlag umzingelt. Als jedoch klar wurde, dass das Auto mit drei älteren Personen, die einen recht harmlosen Eindruck machten, sowie dem jüngeren Fahrer besetzt war, und sie offensichtlich arglos in den Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses vorgedrungen waren, entspannte sich die Lage schließlich. Frieda fragte dann, wo denn der nicht ganz unbekannte Künstler sei, die Wächter lachten, denn es passte ins Bild, da dieser Insasse das ganze Gefängnis immer wieder in Atem hielt.

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- Sammler: einer der großartigsten Sammler, die es gab, hatte sich auf Fluxuskunst spezialisiert ;eine Kunstform, die sich nicht jedem Betrachter auf den ersten Blick als Kunst erschließt.

Zuerst aber ein paar Worte zum Typus des Sammlers: Sammler sind im allgemeinen nicht einfach Menschen, die Kunst kaufen, um sie zu besitzen, sondern sie verfolgen ihr Interesse mit einer ordentlichen Portion Leidenschaft, und sehen sich oft als Ermöglicher von Kunst. Sie leben für die Kunst und opfern ihr mitunter alles: Familie, Freundschaften, Besitz, oft ihre gesamte Existenz.

Aber zurück zu unserer Geschichte: dieser Sammler war also ein leidenschaftlich Getriebener, der für die Kunst schon viel aufgegeben hatte und sich dennoch von seinem Weg nicht abbringen ließ. Wir besuchten ihn oft, manchmal nahmen wir auch andere Künstlerinnen und Künstler mit auf diese Besuche. Eine dieser Künstlerinnen fragte, beim Sammler angekommen, nach der Toilette.  Als sie zurückkam, fragte der Sammler sie lächelnd, ob sie das Toilettpapier benutzt hätte. Sie antwortete: "natürlich!" Daraufhin beschimpfte er sie, da das Papier auch ein Kunstwerk sei, wie eigentlich alles in seinem Haus. Er meinte diese Beschimpfung aber nicht wirklich ernst und warf sich gleich vor Frieda auf die Knie (wohl gemerkt ein älterer Herr) und hielt bei Frieda um die Hand der Künstlerin an. Frieda erklärte ihm, dass sie als Galeristin weder zuständig für das Überantworten irgendwelcher Hände, noch die Künstlerin ein unmündiges Wesen sei, woraufhin er all seine Aufmerksamkeit seiner spontan entflammten Liebe zuwandte, die Künstlerin wand sich nur mit größter Mühe aus diesem tatsächlich ernst gemeinten Heiratsangebot heraus.

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- Sammlerbesuch auf einer Messe. Wir nahmen mit der Galerie an vielen Messen teil und zumeist war uns die Situation vor Ort nicht bekannt. So auch diesmal, auf der Messe in Zürich. Eines Tages, während eines eher faden Messetages mit recht wenigen Besucher*innen langweilten wir uns, als schliesslich ein ein älterer Herr zu uns auf den Stand kam und sich für einen damals noch völlig unbekannten Künstler interessierte. Er warf sich voller Begeisterung auf den Boden und bat uns, drei der an der Wand hängenden Arbeiten zu ihm auf den Boden zu legen, damit er sich in diesen buchstäblich wälzen könne. Die Galeristen an den Nebenständen machten uns verstohlen Zeichen und riefen uns zu sich. Eine Zürcher Galerie klärte uns auf, dass der Besucher einer der bekanntesten Sammler der Schweiz sei und wir keine Angst um die Arbeiten haben müssten. Er wälzte sich tatsächlich auf dem Rücken liegend mit mindestens einem Werk in Händen und gab unverständliche Laute von sich. Nach wohl 5 Minuten stand er auf, kaufte alle Arbeiten dieses Künstlers, verlangte den in diesem speziellen Fall glücklicherweise mitgereisten Künstler zu sehen, und verschwand mit diesem im nächst gelegenen Café. Er wurde zum wichtigsten Mentor des mittlerweile sehr berühmten Künstlers.

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- Eine sensiblen Künstlerin und deren Ausstellung: während einer der vielen Messeteilnahmen lernten wir eine südamerikanische Künstlerin kennen, für deren Arbeiten wir uns bald zu interessieren begannen und schließlich sprachen wir auch davon, mit ihr eine Ausstellung in Steyr zu machen. Sie quartierte sich schließlich wochenlang bei uns ein und entdeckte irgendwann, dass Franz Schubert kurzzeitig auch in Steyr gelebt und gearbeitet hatte und man dieser Zeit und der Inspiration durch den Fluss Steyr sein Forellenquintett zuschreibt. Steyr liegt malerisch am Zusammenfluss von Enns und Steyr und dorthin begab sich besagte Künstlerin, die übrigens hervorragend Deutsch sprach und begann am Ufer der Steyr bitterlich zu weinen - ergriffen von der Macht des Ortes. Und dies an jedem einzelnen Tag, während sie eigentlich die Ausstellung hätte aufbauen sollen. Blöderweise lagen unsere damaligen Galerieräumlichkeiten direkt am Fluß. Eines Tages erschien die Polizei mit ihr bei uns zu Hause, weil sie wieder weinend am Fluss gestanden hatte und die Polizisten den Grund für ihre Tränen einfach nicht verstehen konnten und sie ganz offensichtlich für verrückt hielten. Zum Glück war Heinz Arzt- zwar Pathologe- aber in der Not...,  Er erklärte den Polizisten, dass sie die Künstlerin nicht in die Psychiatrie bringen müssten, sie sei harmlos. Er lud die beiden Polizisten zur Vernissage  ein und leider erging es diesen Polizisten, wie fast allen anderen Besuchern der Galerie  gleich. Sie fanden die Werke der Künstlerin in dem Raum nicht, da diese ganz klein und durchwegs transparent waren. Die Vernissage wäre deshalb fast abgebrochen worden, weil kaum jemand die Werke wahrnahm und unsere Besucher sehr rasch und oft empört gingen. Erneut kamen die beiden Polizisten auf Heinz zu und fragten neuerlich, ob nicht doch ein Aufenthalt in der Psychiatrie angemessen wäre. Er verneinte neuerlich, meinte aber, wenn diese Künstlerin noch länger bei uns wohnte, dann wäre wohl bald er reif für die Psychiatrie. Vier Wochen später entschied sie sich dann doch, uns zu verlassen.

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- Raumwahn: Frieda hatte die fixe Idee, möglichst viele Galerie fähige Stätten in Steyr gleichzeitig bespielen zu müssen. Da Steyr eine alte Industriestadt ist, fanden sich viele geeignete Objekte. Hier eine kleine und unvollständige Auflistung unserer Ausstellungsorte in Steyr: Museum Arbeitswelt (lange Zeit war hier der Sitz der Galerie), Fazat gleich gegenüber, Kassenhalle auch gleich gegenüber, Vereinsdruckerei (2. Stock und weitaus schönster Raum; siehe Foto auf der Startseite), das historisch dritte Wasserkraftwerk Europas, AKKU, Galerie am Roten Brunnen  direkt gegenüber dem Lebzelterhaus (spätere Hauptgalerie), Galerie am Grünmarkt (spätere Hauptgalerie), ... Naja und so kam es, dass auch eine riesige Halle mit je 3.000 m2 pro Stockwerk frei wurde und Frieda natürlich auch dort ausstellen wollte. Wir Kinder waren, obwohl wir beide handwerklich eher tief begabt sind, für die handwerklichen Tätigkeiten verantwortlich; unsere Begeisterung für diesen riesigen Raum hielt sich darum in engen Grenzen. Bernhard hatte schon Probleme einen einmal abgelegten Hammer in der oben erwähnten Vereinsdruckerei zu finden (800 qm). Die beiden setzten sich nach langem und zähem Hin und Her schließlich durch und dieser eine Raum wurde doch nicht zu einem permanenten Ausstellungsraum der Galerie Pohlhammer.

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- Zoll: wie in der Hall of Fame beschrieben, war die Galerie Pohlhammer die erste westliche Galerie, die tschechoslowakische Künstler ausstellte und zwar bereits 3 Wochen nach der samtenen Revolution. Dies kann man sicher als Erfolg verbuchen, noch dazu weil die daraus resultierende Ausstellung wirklich großartig war, aber es war auch extrem schwierig und mühsam!

Wenn nicht der hervorragende Kurator Jiri Sevcic und seine Frau immer wieder eingegriffen hätten, wäre die Ausstellung wohl nie zustande gekommen. So wollten wir unbedingt einen Katalog machen und zu diesem Zweck baten wir einen guten Freund, der Fotograf war, mit uns nach Prag zu reisen, wohl gemerkt 3 Wochen nach der samtenen Revolution. Damals waren die Straßen noch sehr schlecht und das Verhalten der leider involvierten Behörden extrem mühsam. So auch an der Fotolocation: ein Schloss bei Prag. Zuerst war niemand vor Ort, außer Herrn Sevcic, der das Ganze eingefädelt hatte. Dann weigerten sich die Aufseher, uns in das Schloss zu lassen, dann sperrte man uns ein. Dann schloss man genau jene Türen ab, durch die wir das Fotomaterial hätten transportieren wollen, was zu erklecklichen Umwegen führte, dann fielen Licht und Strom aus, schlussendlich entschlossen wir uns aufgrund der vielen Schikanen das Ganze im Freien zu fotografieren und dann war es dunkel... Trotzdem schafften wir es, dank Jiri Sevcic und unseres Freundes und Fotografen Alois Carl Kranzmayr doch noch, alles in sehr guter Qualität abzufotografieren. Es folgte der Transport der Kunstwerke und deren Schleusen durch den  Zoll: Damals gab es keine wirklich professionellen Speditionssystem  und so beauftragten wir einen selbst ernannten Transporteur und Spediteur mit der Durchführung. Um es abzukürzen: die auszustellenden Werke mussten sage und schreibe 11 Mal durch den Zoll, bis dieser die Werke endlich frei gab und auch Verkäufe akzeptierte. Unser aller Nerven lagen blank.

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Zoll die zweite: Wir waren auch was neue Messen anbelangte, immer wieder Pioniere, so auch für die Messe in Zürich. Wir beschlossen, großteils slowakische Kunst auszustellen und damals war nicht einmal Österreich in der EU, die damals noch EG hieß. Inzwischen waren aus der Tschechoslowakei zwei unabhängige Staaten geworden: Tschechien und Slowakei -das Zollprocedere wurde dadurch nicht gerade vereinfacht und der damalige Transporteur war ursprünglich Professor für Mathematik an der Uni der, wie sich später herausstellen sollte, mit einem völlig untauglichen Transportmittel den Gesamttransport durchführte. Der Grenzübertritt von Waren in die Schweiz war damals eine heikle Sache und wir wiesen den Neuspediteur darauf hin, dass er sämtliche Preisangaben absolut korrekt durchführen müsse, weil es sonst in der Schweiz extrem schwierig würde. Das tat er natürlich nicht, meinte wohl, das würde schon gehen und setzte, wahrscheinlich wegen der slowakischen Grenze, alle Preise sehr, sehr niedrig an, damit seine Kosten ebenfalls sehr niedrig ausfielen. Er kam dann mit den slowakischen Kunstwerken nach Steyr, um bei uns den Rest für die Messe abzuholen und wir staunten nicht schlecht  womit er die teils recht hochpreisigen Arbeiten abholte: mit einem alter Skoda, an den ein OFFENER ANHÄNGER gekoppelt war und das im Spätherbst! Die Kunstwerke waren zwar ganz ok verpackt, aber einen Regenguss hätten sie, sicher nicht überlebt. Wir waren richtig sauer auf den Neo-Spediteur; da die Zeit aber wirklich sehr, sehr knapp war, mussten wir improvisieren,  Bernhard stellte darum sein altes Zelt zur Verfügung (es war spät nachts und am nächsten Tag in der Früh musste in Zürich der Zoll passiert werden), um alle Werke notdürftig abzudecken. Wir hofften alle, dass es nicht regnen würde und hatten Glück. In Zürich angekommen, erregten wir mit dem ein bisschen improvisierten Transportmittel einiges Aufsehen und dann auf ging's weiter zum happigsten Zoll der Welt, wie uns von den anderen Galerist*innen versichert wurde. Die Schweizer Zollbeamten hatten wirklich Ahnung von Kunst und waren ausgesprochen streng. Ziemlich schnell stellte sich heraus, dass die Zollpapiere völlig ungeeignet waren, um durch den Schweizer Zoll zu kommen. Es drohte  uns ein Messeverbot und eine enorme Strafe. Der Mathematikprofessor flugs wollte auf Tauchstation gehen, das liessen wir aber nicht zu. Der einzige Ausweg für uns, die wir ja sonst auf den sehr hohen Kosten für die Messeteilnahme sitzen geblieben wären, einen sehr teuren Spediteur vor Ort zu beauftragen, um das Problem zu lösen. Dies gelang auch nach einigem, glücklicher Weise gar nicht so langem Hin und Her, aber die Kosten der neuen Bewertung durch den Zoll waren sehr hoch, was die Messeteilnahme fast unrentabel machte. Der Mathematiklehrer versuchte immer wieder sich als Unschuldslamm zu inszenieren, aber das nahm ihm niemand ab. Die Messe war ein recht guter Erfolg, auch wenn wir, aufgrund der Turbulenzen am Zoll erst sehr spät mit der Hängung der Arbeiten beginnen konnten und die Kosten wirklich enorm waren.  Als der Mathematikprofessor nach Ende der Messe dann auch noch mit dem selben Transportmittel anrückte, um die Kunstwerke nach der Messe abzuholen, verlor Frieda dann doch kurzzeitig ihre Contenance.

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Zoll die Dritte, diesmal Italien. In Italien stellten wir mit Abstand am häufigsten aus, was viel mit den kulinarischen Vorlieben der Familie zusammenhing und auch mit der Qualität der in Italien angebotenen Kunst. Damals gab es noch eine Zollgrenze zu überwinden und auch das war kein leichtes Unterfangen. Vor allem gab es ein Ausfuhrzertifikat, welches man unbedingt vor der Wiederausreise aus Italien haben musste. Allerdings wurde das "Carnet" für ganz Italien nur in Bologna ausgestellt und nur mittwochs von 14 bis 16 Uhr! Ideal, wenn man in Rom oder Turin ausstellt… Wir wussten von dieser Schikane, also fuhren zwei von uns während einer Messe immer mittwochs nach Bologna, um das begehrte "Carnet" rechtzeitig zu bekommen. Trotzdem gab es an den Grenzen nicht nur lange Wartezeiten, sondern auch Schikanen. Einmal stellte sich eine solche Schikane als äußerst unangenehm und extrem teuer heraus. Wir nahmen oft sehr teure Kunst mit auf die Messen, um die sehr hohen Kosten irgendwie herein zu bekommen. Ein Zollbeamter stempelte eine Arbeit eines der damals teuersten Künstler mitten auf der Vorderseite ab und vernichtete dadurch das Bild. Wir hatten das Bild in Kommission übernommen und fürchteten schon die finanziellen Konsequenzen. Der Künstler allerdings reagierte lachend und übermalte den roten Stempel einfach und wir kamen mit dem Schrecken davon.

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- Pordenone mit Humperdinck. Humperdinck war unser Hund, ein Bullmastiff eine damals selten gesehene Rasse. Seine sichtbare Gutmütigkeit und sein freundliches Wesen zogen die Messebesucher in Pordenone an, obwohl er mit seinen 70 Kilo eine recht imposante Erscheinung war. Pordenone war die allererste Messe, an der wir teilnahmen. Vermittelt wurde uns die Teilnahme von einem unserer Künstler, wie alle Anfänger machten wir viele Fehler: der Transport war extrem teuer, wir nahmen alle beteiligten Künstler mit und auch Humperdinck. Angekommen auf der Messe, stellten wir fest, dass wir völlig fehl am Platze waren, da es sich um eine Handwerksmesse handelte und wir einen Riesenstand geordert hatten. Humperdinck war der Star der Messe und man besuchte uns praktisch ausschließlich  seinetwegen auf dem Stand, was Humperdinck zwark sehr gefiel, aber verkauft haben wir: nichts, Null. Wir zogen daraus einige Lehren.

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- Akrobatik: insbesondere auf Messen ist es problematisch, wenn man Werkzeug zu Hause stehen lässt. Das passierte uns des Öfteren, vor allem die Leiter kam selten mit. So musste meistens Ruth auf Bernhards Schultern klettern, um Nägel in oft sehr wackelige Messewände zu schlagen. Dies wurde mit großem Interesse von anderen Galeristen und Künstlern beobachtet und entsprechend kommentiert. Ein sehr berühmter Künstler nannte uns deshalb Giraffe.

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- Etwas weltfremd: wie schon erwähnt, nahmen wir Künstler immer wieder mit zu Messen, Ausstellungen, ... auch wenn wir inzwischen gelernt hatten, dass dies nicht immer vorteilhaft ist. Wir waren ja recht oft in Italien unterwegs und bei einem dieser Ausflüge nahmen wir wieder einmal Künstler mit. Natürlich hatten deren Hotelzimmer eine Minibar und einer der Künstler war tags über oft recht benommen, was wir anfangs nicht wirklich einordnen konnten. Beim Auschecken aus dem Hotel wurde uns der Grund für seine Benommenheit klar: Offenbar war er von der Minibar und dem Umstand, dass sie immer wieder aufgefüllt wurde, so begeistert, dass er sie jeden Abend leerte. Was er allerdings nicht wusste: die Minibar ist keine Aufmerksamkeit des Hotels sondern kostenpflichtig. Natürlich hatte er viel zu wenig Geld mit, um seine nächtlichen Trinkgelage zu bezahlen also sprangen wir ein. Danach machten wir einen Abstecher nach Venedig, weil ein paar der Künstler diese Stadt noch nie gesehen hatten und wir die Serenissima immer gerne besuchten. Der inzwischen wieder nüchterne Künstler war hellauf begeistert. Wir fuhren also mit dem Vaporetto zum Markusplatz und setzen uns ins Florian, um dort den exzellenten Kakao zu trinken und die Atmosphäre zu geniessen. Dort trafen wir zufällig ein paar Galeristen und unterhielten uns prächtig. Danach gingen wir zum vereinbarten Treffpunkt bei der Vaporettohaltestelle, dort kam besagter Künstler völlig fertig an, weil er auch bei Florian gewesen war und gedacht hatte, dass er sich mit damals 20 Schilling (ca. 1,4 €) einen Kaffee im Traditionskaffeehaus leisten zu können. Stattdessen hatte seine Zeche wohl eher 100 öS (ca. 7 €) ausgemacht, was ihn völlig verschreckte. Dazu muss festgehalten werden, dass viele Künstler auch ohne Corona und andere Sonderfälle in äußerst prekären Verhältnisse leben.

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Ausstellung in Quito/Ecuador: Bernhard, Sohn der Pohlhammers, zog in den1990 igern nach Quito und organisierte eine Ausstellung in der Hauptstadt Ecuadors mit dem Titel "terruño" (=Heimat, Heimaterde, ..): Nach langem Hin und Her, war klar, dass der Transport von Originalen nach Quito einfach zu riskant und auch teuer gewesen wäre, weshalb er sich mit den KünstlerInnen auf Faxe verständigte. Diese durchaus in Europa gängige Praxis war aber in Ecuador nicht wirklich bekannt. Da Bernhard immer schon die Vermittlung von Kunst ein Anliegen gewesen war, entschloß er sich sogar einen Führer durch die Ausstellung zu gestalten, der stolze 8 Seiten umfasste. Wichtig war es, einen anerkannten Redner für die Ausstellung zu bekommen, also begab er sich auf die Suche nach Persönlichkeiten, die dafür in Frage kamen und auch bereit waren diese Ausstellung zu eröffnen. Es dauerte etwas länger und viele der angesprochenen Persönlichkeiten waren entsetzt von der auszustellenden Kunst, weshalb sehr viele ablehnten. Lediglich der Generaldirektor von Nabisco war von der Idee angetan. Zur Ausstellung waren sehr viele Gäste gekommen, aber trotz des Kunstführers wurde Bernhard regelrecht mit Fragen, Vorwürfen und Beschimpfungen konfrontiert, weil unter anderem auch  weibliche Geschlechtsteile, einer Arbeit von Magdalena Frey, zu sehen waren und auch Anulf Rainers Übermalungen schafften viel Raum für Diskussion. Am kritischsten sah dies der Hausherr der neuen Spanischschule, der mit den Werken überhaupt nichts anfangen konnte. Dieser wischte mit einem Besen nach der Vernissage alle Arbeiten von der Wand. Peter Schmied, ein Freund von Bernhard, rettete die Arbeiten und hängte sie erneut auf, Die Ausstellung wurde fast in jedem Lebenslauf der teilnehmenden Künstler erwähnt, denn in Ecuador auszustellen war dann doch etwas Besonderes. 

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HINTERGRUNDFOTO: RON SANDMAYR

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